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Wieder der Bodensee
Dass der Bodensee, und hier ganz besonders der Untersee, ein großartiges Angelgewässer ist, wurde ja bereits ausführlich beschrieben. Aber neben dem Hecht, der schließlich in fast allen europäischen Gewässern vorkommt, gibt es hier auch eine Fischart, die ein gewisses Alleinstellungsmerkmal aufweist, was sich schon am wohlklingenden Namen ableiten lässt: Das Bodenseefelchen. Diesen Fisch gibt es nur im Bodensee und er war lange Jahre der Brotfisch der Bodenseefischer, bis sich insbesondere die steigende Wasserqualität, man glaubt es kaum, negativ auf die Bestände ausgewirkt hat.
Inzwischen haben sich die Bestände stabilisiert, so dass man als Angler eine gute Chance hat, diesen tollen Fisch auch tatsächlich ans Band zu bekommen. Aber die Zeit der großen Stückzahlen ist vorbei, dafür sind die Schwärme dann doch zu schwer zu finden.
Um im Untersee angeln zu dürfen, muss eine Angelkarte erworben werden. Möchte man auch den Gnadensee befischen, bedarf es einer weiteren Karte des dortigen Pächters. Angelkarten gibt es z. B. bei der Tourist-Information auf der Insel Reichenau.
Der unterschätzte Salmonide
Wer an Salmoniden denkt, hat meist nur Lachs und Forelle in ihren unterschiedlichen Spielarten vor Augen. Aber das Felchen ist tatsächlich auch ein Salmonide, wenn auch zumeist kein räuberischer (den Gegenbeweis erbringt Uli Beyer hier).Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen sei erwähnt, dass Felchen nichts anderes sind als eine sehr eng verwandte Schwesterart der Großen Maräne, in Bayern auch bekannt als Renke. Ebenfalls zur Gattung der Corregonen gehören auch der nahezu ausgestorbene Ostseeschnäpel und der tatsächlich ausgestorbene Nordseeschnäpel. Felchen und Renken sind Charakterfische für klare und tiefe Seen, die es typischerweise nur in Süddeutschland gibt.
Felchenfischen ist so besonders, weil die Angelei eher dem Friedfisch-Angeln gleicht und auch das Beißverhalten dem von Rotaugen oder Güstern ähnelt. Dafür sind sie aber schwerer zu finden und ganz im Gegensatz zu diesen typischen Bullettenfischen im Ganzen gebraten äußerst delikat.
Es geht abwärts
Bodenseefelchen ziehen in Schwärmen umher und müssen mit Boot und Echolot aktiv gesucht werden. Auf Bodenseefelchen vom Ufer zu angeln ist ein Ding der Unmöglichkeit. Dabei ist von Vorteil, dass sich die Schwärme kaum mehr als 1-2 Meter vom Boden erheben, man also immer nah am Grund fischt. Nachteil ist aber, dass man nicht weiß, wo. Der Blick nach unten mit Hilfe des Echolots ist elementar, um Hotspots zu erkennen.
Als Charakterfische für tiefe Seen lieben sie genau dies: Die Tiefe. Daher braucht man ein Boot mit einem zuverlässigen Anker, der auch auf 17 Metern das Boot an Ort und Stelle hält (das Angeln mit der Ankerfunktion des Bugmotors ist auf dem Untersee leider verboten).
Dabei ist es gar nicht so einfach, ein Felchenschwarm auf dem Lot zu erkennen. Charakteristisch sind horizontale Linien, die immer wieder kleine Ausschläge nach oben zeigen und aussehen wie gestapelte Äste. Sieht man nur eine einzige mehr oder weniger breite Linie, ist das oft ein Rotaugenschwarm. Eine ausgeprägte Wolke sind Barsche, ein solides Ganzes vom Grund bis wenige Meter unter der Wasseroberfläche sind Jungbarsche, die zwar innerhalb dieser Wolke ordentlich Radau machen, sich die Wolke insgesamt aber nur sehr langsam unter dem Boot bewegen lassen.
Das Zugverhalten der Felchen ist ein absolutes Rätsel, jedenfalls, wenn man nicht am Untersee aufgewachsen ist und über irgendwelche göttlichen Eingebungen verfügt. Daher ist es beim Felchen ganz besonders wichtig, sich vorab zu informieren. Hilfreich ist meist das lokale Angelgeschäft, da aber das Felchenfischen insgesamt eine sehr spezielle Art der Angelei ist, macht es auch Sinn, einmal eine Guidingtour zu machen, um die Grundlagen zu erlernen, und sich den Guide für künftige Tipps „warm“ zu halten. Es wäre schade, wenn man wie beim letzten Mal auf 15 Meter Tiefe im Untersee sucht (kleiner Tipp: Das „Seezeichen 6“ wird immer wieder genannt), die Felchen sich aber im Gnadensee auf 7 Metern eingerichtet haben. Der Bodensee ist groß.
Das Tackle: Leichter geht es kaum
Lange, bevor der UL-Boom die Angelszene ergriffen hat, war das Stichwort „ultraleicht“ beim Felchenfischen in der klassischen Methode schon lange gesetzt. Es wurde nur nicht so genannt, aber die Rütchen von 1,80 Meter Länge und einem Wurfgewicht von kaum mehr als 2 Gramm sind beim Hegene-Fischen aus der Hand für den strammen norddeutschen Zanderangler schon gewöhnungsbedürftig.
Extra kaufen muss man sie nicht, es tut auch eine UL-Rute von 1-5 Gramm Wurfgewicht, die aber nicht länger als 2 Meter sein sollte. Das geringe Wurfgewicht ist aus drei Gründen wichtig: Erstens muss man direkt beim ersten Anfasser des Felchens den Anhieb setzen. Ist die Rute zu hart, spürt man dieses leichte „Knibbeln“ an der Nymphe nicht. Zweitens haben Felchen wie alle Maränen ein sehr weiches Maul und der Köder schlitzt leicht aus, wenn der Widerstand zu groß ist. Die Rute dient zwar dem Drill, aber besonders der Führung des Fisches. Und Drittens legen Felchen gern explosive Fluchten hin, gerade wenn sie aus größerer Tiefe nach oben geholt werden und langsam das Licht sehen. Die weiche Rute puffert diese Fluchten gut aus.
Zum leichten Gerät gehört auch eine leichte Rolle, wenn sie auch nicht so entscheidend ist, da nicht geworfen wird. Aber die 4000er Karpfenrolle passt einfach nicht auf die Minirute, daher kann man ohne Weiteres sein 1500er Barsch-Geschirr nehmen. Üblicherweise verwendet man Stationärrollen, aber auch gegen kompakte Baitcaster sollte nichts sprechen – keine Ahnung, ob das schon mal jemand probiert hat, man sieht jedenfalls durchgängig nur Stationärrollen.
Auf die Rolle gehört feine geflochtene mit einer Stärke von 0.08 oder 0.10, dicker passt einfach nicht gut und ist auch nicht notwendig. Gerade dem Anfänger sei farblich abwechselnd eingefärbte Schnur empfohlen, die jeden Meter einen gelben Ring und alle fünf Meter einen Farbwechsel hat. Man muss immer mal wieder seine Montage um einen oder zwei Meter anheben und so lange man nicht genau weiß, wie viele Kurbelumdrehungen einem Meter entsprechen, sind die Farben sehr hilfreich.
Interessanterweise wird auf Bodenseefelchen ohne eigentliches Vorfach gefischt. Vielmehr wird an die geflochtene Hauptschnur ein No-Knot-Verbinder mit Karabiner montiert, in den die Hegene eingehakt wird. So richtig ohne Vorfach ist das dann aber auch wieder nicht, denn die Hegene selbst ist auf Fluorocarbon hat schon eine Länge von rund 2 Metern und wirkt wie ein Vorfach.
Der Köder
Das Besondere am Felchenfischen ist tatsächlich der Köder, oder besser: die Köder. Gefischt wir nämlich mit einer filigranen Paternostermontage, der sog. Hegene. An drei Seitenarmen – im Untersee sind nur drei Anbissstellen erlaubt – sind klitzekleine Nymphen montiert, Einzelhaken der Größen 12, 14 oder 16, die sich vor allem in ihrer farblichen Gestaltung unterscheiden. Keine Sorge, man muss sie nicht selbst knoten, sondern kann sie fix und fertig kaufen.
Wenn Ihr Euch eine Hegene im Internet bestellt habt, bevor Ihr an den See gefahren seid, könnt Ihr die Dinger meist getrost wegwerfen. Gerade bei den Hegenen lohnt sich der Besuch des örtlichen Angelgeschäftes, denn hier gibt es die Montagen, die wirklich fängig sind. Und gleichzeitig habt Ihr eine gute Gelegenheit, mal nach den aktuellen Vorlieben der Fische zu fragen. Neben der Tiefe und den „Hotspots“ im See variieren Felchen nämlich durchaus auch das bevorzugte Design der Nymphen. Mal dürfen sie kleiner, mal größer sein, mal eher schwarz oder braun, mal rot oder blau.
An die Hegene wird unten ein kleines Birnenblei befestigt. Die meisten Montagen haben dafür schon einen Karabiner vorgesehen. 3-5 Gramm genügen völlig, das Blei soll ja nur dafür sorgen, dass der ganze Kram überhaupt unten ankommt. Zu viel Blei ermüdet den Angler, wie wir gleich noch bei der Köderführung sehen werden.
Die Köderführung und der Biss
Jetzt wird es ernst: Hat man mit dem Echolot einen vielversprechenden Spot gefunden und ist das Boot gut verankert, kann es losgehen. Das Blei wird an der Hegene und die Hegene an der Hauptschnur befestigt. Nun heißt es Rollenbügel öffnen und die Montage senkrecht runterrauschen lassen.
Wenn das Blei am Grund angekommen ist, erschlafft die Schnur. Um das Ganze erst einmal auf Spannung zu bringen macht man nun ein paar Umdrehungen mit der Kurbel. Dabei ist es wichtig, dass auch die Rutenspitze leicht gekrümmt ist, sonst bekommt man später die nicht seltenen Hebebisse nicht mit.
Und jetzt heißt es langsam, ganz langsam die Hegene anheben. Zeitlupentempo ist noch übertrieben. Man muss sich einmal vorstellen, dass die Nymphen Mückenlarven nach dem Schlupf auf ihrem Weg an die Oberfläche imitieren sollen. Die sausen auch nicht wir ein Pilker nach oben, sondern bewegen sich ganz langsam. Und das machen wir mit der Hegene auch. Langsames Anheben um vielleicht einen halben bis einen Meter und dann wieder zurück (runter muss es nicht so langsam sein). Dabei immer das Echolot im Auge behalten, denn wenn nichts zu sehen ist, kann man sich die Zuppelei sparen. Kommt aber etwas in Sicht, heißt es volle Konzentration und unter Umständen die Tiefe noch daran anpassen, was man auf dem Echolot sieht. Dafür haben wir ja die farblichen Markierungen auf der Schnur.
Der Biss eines Felchen ist nicht leicht zu erkennen und sollte direkt zu einem Anhieb führen. Denn wenn die Fische den Schwindel erkennen, spucken sie die Nymphe sofort wieder aus. Zwei typische Anzeichen deuten auf einen Biss hin: Entweder, man spürt ein leichtes Zupfen, das sich so ähnlich anfühlt, als würde man mit einem Bleistift leicht über die Hauptschnur reiben, oder die Spitze hebt oder senkt sich ungewöhnlich.
In beiden Fällen heißt es: Sofort die Rute aufrichten und nahezu senkrecht halten. Wenn der Fisch gehakt ist, erkennt man es sofort. Die Rute muss nun den gesamten Drill nach oben zeigen und mächtig gekrümmt sein. Wenn die Schnur die Spannung verliert, ist der Fisch mit großer Wahrscheinlichkeit verloren, denn die Mini-Widerhaken der Nymphen sind nicht der Rede wert. Eine Bewegung bei schlaffer Schnur und der Haken fliegt aus dem Maul.
Die Alternative: Die Felchenpose
Hegene-Fischen ist nicht jedermanns Sache. Wer lieber die Beine hochlegt und vor sich hin dümpeln möchte, kann auch die Felchenpose verwenden. Dabei handelt es sich um eine Durchlaufpose mit einem Schwimmer am unteren Drittel des Durchlaufröhrchens und einem kleinen Gegengewischt am oberen Ende. Die Pose wir auf die Hauptschnur gefädelt, auf der zuvor ein Stopperknoten angebracht wurde. Unterhalb der Pose wird eine Hegene-Montage an einem No-Knot befestigt und ausgebleit, hier allerdings deutlich schwerer – man orientiert sich an der Grammatur der Pose (meist 20 oder 30 Gramm) und nimmt um die Hälfte an Blei.Ist die Pose richtig eingestellt, entsteht am Schwimmer eine Art Gelenkpunkt und durch das relativ lange Röhrchen eine Hebelwirkung. Idealerweise ist die Pose so ausgebleit, dass sie im 45° Winkel schwimmt. Steht sie aufrecht, ist das Blei zu schwer, liegt die Pose auf dem Wasser, hat das Blei Grundberührung. Durch die Wellen an der Oberfläche wird die Pose nun durch die Hebelwirkung um das „Gelenk“ hin und her und so die Hegene über dem Grund hoch und runter bewegt.
Man kann ohne Weiteres Pose und Handangel miteinander kombinieren, gerade, wenn man unterschiedliche Tiefen gleichzeitig ausfischen möchte. Die Felchenpose muss auch nicht mit vergleichbar ultraleichtem Gerät gefischt werden, eine leichte Spinnrute ist völlig in Ordnung, denn dann kann man die Pose auf etwas Distanz auswerfen und dort in Ruhe selbst die Arbeit erledigen lassen.
Bei der Felchenpose sind Bisse leicht zu erkennen. Entweder legt sich die Pose mehrmals nacheinander auf die Wasseroberfläche (das kann allerdings auch „Grundberührung“ des Bleis sein) oder sie zieht ganz profan ab. Einen Anhieb muss man in der Regel nicht setzen, denn durch die Bebleiung und den Wasserwiderstand der Pose hakt sich das Felchen beim Biss selbst.
Der Drill
Ein Felchen zu drillen ist wie Florettfechten. Man muss immer in Bewegung und voll konzentriert sein. Felchenmäuler sind sehr klein und weich, auch der Haken ist klein und sitzt eigentlich immer im Mundwinkel. Der Widerhaken ist kaum der Rede wert. Dazu kommt, dass Felchen es, wie wohl jeder andere Fisch auch, gar nicht mögen, gedrillt zu werden und quittieren dieses unbotmäßige Verhalten gern mit Fluchten kreuz und quer. Die Bremse bleibt übrigens zuerst geschlossen, die Rute federt die Fluchten ab.
Kritisch wird es, sobald das Felchen an die Oberfläche kommt. Die Schnur ist nur noch sehr kurz und die Ausschläge in der Rute werden härter. Gleichzeitig muss der Kescher bereitgelegt werden, ohne die Spannung im Tackle zu reduzieren. Das ist anspruchsvoll und so steigen bei Anfängern oft die ersten gehakten Fische aus, weil die Koordination noch nicht so recht passt. Da die Fische in dieser Situation auch gern mal wieder in Richtung Tiefe abrauschen, sollte jetzt die Bremse etwas geöffnet sein.Ein gummierter Kescher darf keinesfalls an Bord fehlen. Denn untermaßige Felchen dürfen nach Möglichkeit gar nicht erst an Bord und müssen außenbords schonend abgehakt und wieder freigelassen werden. Um das Felchen möglichst kontrolliert zu keschern, ist ein langer, ausziehbarer Griff besonders sinnvoll, denn die letzte Flucht, wenn das Felchen das Boot sieht, kann wirklich die letzte sein, wenn der Fisch ausschlitzt.