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1. Warum hast du mit dem Angeln angefangen?

Bei mir war das so wie wahrscheinlich bei den meisten von euch: Opa und Papa haben gern geangelt und die haben relativ früh das Virus erweckt in mir. Was sie genau gemacht haben, kann ich gar nicht mehr sagen. Ich bin mit vier Jahren nachweislich am Rhein auf den Steinböschungen herumgeturnt und hab mit meinem Papa und meinem Opa Rotaugen gestippt. Da habe ich so einen Bambusstecken bekommen, wie man es in den Kinderbüchern sieht, mit einer kleinen Pose und einer Schnur dran, und dann einfach auf die Fische geangelt, die in großen Mengen verfügbar waren. Und so ging das mit zarten vier Jahren los bei mir, familiäre Prägung, ganz einfach. Und dass es mich nicht mehr losgelassen hat, das war damals noch nicht absehbar.

2. Warum hast du das Angeln zu deinem Beruf gemacht?

Das ist eine Frage, da muss ich ein bisschen plaudern. Ich rede ja ganz gerne. Es hat sich bei mir bis zu der Zeit, in der man sich eher mit Wein, Weib und Gesang beschäftigt – ich bin Rheinhesse, größtes Weinanbaugebiet in Deutschland, viele Weinfeste -, immer wieder ums Angeln gedreht. Es waren kurze Phasen, in denen ich dann auch andere Dinge getan habe, aber das Angeln war etwas, da hat sich für mich schon früh der Kreis geschlossen.

Und ich habe schon ganz früh wahnsinnig gerne Angelzeitschriften gelesen. Die ersten Bücher, die ich gelesen habe, waren Angelbücher. Da gab es eines von einem Herrn Aldinger, das hieß „Silberne Beute“, das ich leidenschaftlich gerne gelesen habe. Darin waren Erzählungen von Angelprofis aus aller Welt zusammengefasst und die haben damals unglaublich Emotionen bei mir geweckt, die ich dann in Verbindung gesetzt habe zu dem, was ich selbst erlebt habe, wenn ich mit dem Fahrrad ans Wasser gefahren bin und einfach nur auf Rotaugen oder auf Schleien geangelt habe.

Ich habe mich in diesen Geschichten wiedergefunden, das wollte ich dann auch machen: Schreiben, Emotionen wecken. Und so kam es dann, dass ich, damals noch plump geklaut, im zarten Alter von 15 oder 16 Jahren ein Kochrezept in der „Angelwoche“ veröffentlicht habe. Das war das Erste, das ich selbst geschrieben hatte, wenn es auch geklaut war, und hab mich daran erfreut und habe dann irgendwie Lust und Mut bekommen. Man schreibt ja nicht von heute auf morgen. Ich habe mich langsam da hineingetastet und habe dann eigene Geschichten geschrieben.

Da hatte ich wiederum zur Bundeswehrzeit ganz tolle Möglichkeiten, weil ich da Zeit hatte. Ich war Rechnungsführergehilfe und durfte gelegentlich auch zum Fischen gehen. Zu der Zeit habe ich angefangen, meine Artikel zu schreiben, damals schon für den Blinker. Jetzt habe ich glatt vergessen, dass davor noch die Zeit beim „Angler-Kurier“ war. Das war damals die Firmenzeitschrift von Balzer, und da habe ich eigentlich meine allerersten Publikationen veröffentlicht. Das war Ende der 80er, Anfang der 90er.

Und irgendwann kamen dann auch die ersten Schecks mit Honoraren, und da haben meine Eltern gesagt: „Ach, guck mal, der Bub, der macht ja doch was Richtiges. Mit dem Angeln Geld verdienen, das haben wir ja nie so richtig geglaubt. Aber irgendwie klappt das.“ So kam die Bestätigung und die Lust, da auch beruflich reinzugehen.

Eines frühen Sonntags morgens, ich erinnere das noch ganz genau, weckt mich meine Mutter (ich war auf dem Weinfest vorher und war ganz schön müde). Sie meinte: „Bub, Du musst ans Telefon gehen. Da ist der Karl Koch.“ – Karl Koch, damals Chefredakteur vom Blinker, wollte mit mir sprechen und nicht mehr und nicht weniger, als mir ein Volontariat beim Blinker anbieten. Da war der Bub hellwach. Die zwei Promille vom Schoppen abends waren vergessen, und ich war total begeistert von dieser Möglichkeit. Ich habe insgeheim natürlich davon geträumt, aber da war es passiert, über Nacht, Knall auf Fall. Und dann ging‘s nach Hamburg und bis heute bin ich Berufsangler, liebe es und habe die Leidenschaft dafür.

3. War es die richtige Entscheidung, das Angeln zu deinem Beruf zu machen?

Ja, klar, das ist ein Riesenglück, wenn man sich in seinem Beruf auch findet. Also uneingeschränkt: Ja. Worüber man sich aber klar werden muss, gerade, wenn man als Guide unterwegs ist, ist, dass man das Erfolgserlebnis, dass man als Angler immer so gerne hatte, teilen muss. Damit sollte man klarkommen können. Ich verdiene mein Geld ja als Fisch-Guide in der Jörg Strehlow GmbH (www.joerg-strehlow.de), die meisten werden es kennen, und wir führen die Gäste an Elbe und Ostsee zum Fisch, da ist es schon wichtig, dass man diese Fähigkeit entwickelt. Bei mir war das schon ein Prozess, das ist nichts, was Dir von heute auf morgen zufällt. Man sollte in der Lage sein, dass man mit einem genauso guten Gefühl wie wenn man selbst den Fisch anspricht, dieses Wissen und damit den Fang auch an seinen Gast zu übertragen. Mir ist das gelungen, ich kann aber auch jeden verstehen, dem das nicht gelingt, und der sollte sich dann zumindest überlegen, ob der Beruf des Guides der richtige für ihn ist.

Aber ich wäre sicherlich nicht glaubwürdig, wenn ich jetzt hier nach drei Jahrzehnten als Berufsangler sagen würde, dass ich damit unglücklich bin und diese Entscheidung infrage stelle. Diese Frage kann ich also nur mit „Ja, komplett richtige Entscheidung“ beantworten, aber, ganz wichtig, mit der nötigen Demut, denn wenn man so lange dabei ist und Ihr da draußen auch Bock habt, das so lange auch mitzumachen, denn ohne unsere Basis wäre ich ja kein prominenter und erfolgreicher Angler, dann wäre der Zug schon früh abgefahren gewesen.

Glück zu haben, auch mit Authentizität, die Leute mitzunehmen ohne sich zu verstellen, auch jetzt in diese nachhaltige, umweltfreundliche und fischgerechte Richtung, für die ich am Anfang ja auch viele Widerstände hatte, auch aus der eigenen Szene und als Öko-Terrorist oder sonst etwas gestellt wurde, nur weil ich in den ehrlichen Fokus meiner Arbeit gestellt habe, nicht mehr mit giftigen Ködern oder Bleigewichten zu fischen, mal infrage gestellt habe, ob das klassische Fangfoto so das richtige ist und Catch & Release, fanatisch durchgeführt, der richtige Weg ist oder ob es nicht vielleicht besser ist, mal einen Fisch zu essen – das ist ein Weg, den ich auch moderieren musste. Das war schon eine Veränderung und ich bin allen da draußen wirklich dankbar, dass Ihr mir zuhört und dass so viele von Euch den Weg mitgehen.

Also ich fühle mich sauwohl.

4. Was war dein größter anglerischer Erfolg?

Das ist eine ganz schwierige Frage, da muss ich überlegen. War es der erste Fisch, den ich gefangen habe? War es also vielleicht dieses kleine Rotauge, das bei mir an der Angel hing als Vierjähriger? War es der größte Fisch, den ich gefangen habe? Ein Zander von 21 ½ Pfund, 1,10 m lang, hier in der Elbe? Oder war es vielleicht ein Fang an Stückzahlen von Fischen? Oder ist es vielleicht einfach nur erfolgreich, wenn man zu sich findet, wenn man beim Angeln bemerkt, das bringt mich zur Mitte, das erdet mich?

Ich habe viele schwierige Situationen in meinem Leben am Wasser auch für mich gelöst. Auch das ist ein Erfolg. Ich möchte eigentlich wirklich händeringend davon weg, dass man Erfolg beim Angeln nur an großen Fischen misst, die man auf dem Handy fotografiert und dann den Leuten zeigt. Klar, die großen Fische haben mir Spaß gemacht. Daran erinnere ich mich auch. Aber es sind halt ganz oft auch Geschichten gewesen, die ich als Erfolg bezeichne, bei denen am Ende des Tages nichts Zählbares rausgekommen ist. Also zum Beispiel ein Tag, an dem ich einen sehr, sehr großen Fisch verloren habe, der aber dann unterm Strich in mir auch eine große Zähigkeit ausgelöst hat, diese Fische in Zukunft zu fangen. Oder einfach nur schöne Erlebnisse, eine gute Aura am Wasser. Das sind für mich auch Erfolge.

Je länger ich rede und nach diesem größten Erfolg beim Angeln suche, desto weniger werde ich fündig. Das Angeln als solches ist für mich eine Sache, die mich glücklich und somit auch erfolgreich macht.

5. Was war deine größte anglerische Enttäuschung?

Meine größte anglerische Enttäuschung war tatsächlich, und da kann man es auf den Fisch reduzieren, ein verlorener Fisch – und nicht irgendeiner, sondern eine Meerforelle, die ich in Boltenhagen an die Angel bekommen habe. Das war gerade zu der Zeit, als ich beim Blinker aufgehört und mich mit meinen Angeltouren selbstständig gemacht habe. 2003 muss das gewesen sein, März, neblig, eiskalt. Typischer Meerforellentag. Sechs, sieben Stunden im Wasser gestanden. In Boltenhagen an der Strandpromenade geht gleich links runter eine große Sandbank rein. Ein normaler Meerforellentag, relativ unemotional, aber schön und kalt.

Auf einmal, es wurde schon fast dunkel, ist auf maximale Wurfweite ein Fisch eingestiegen, der Power hatte. Der schwer war, der da draußen rührte und ich dachte mir im ersten Moment: Ah geil, ein schöner Dorsch. Der war echt schwer und es hat diese lange Flucht gefehlt und dieses Ansteigen des Fisches im Drill zur Oberfläche hin, wie es eine Meerforelle halt gerne macht. Aber der blieb unten.

Auf einmal kam die Flucht. Da waren aber schon zwei, zweieinhalb Minuten vergangen. Man kann das ja immer selbst so schlecht einschätzen, wenn man drillt. Der Fisch ging in die Bremse, kam zur Oberfläche, und da hat sich zum ersten Mal draußen auf bestimmt 80 Metern Distanz das Wasser bewegt. In diesem Moment wusste ich: Das ist eine Meerforelle und das ist eine größere, als die um 70er, die ich bisher gefangen hatte.

Aber es war einer dieser Tage, an denen man denkt, alles passt. Den Fisch kriege ich, da kann nichts schief gehen. Ich habe die Forelle geführt und habe sie trotz ihrer mutmaßlich gewaltigen Ausmaße – wenn du auf so eine Distanz schon so ein Fisch erkennst, dann ist der groß – gut gedrillt und bekomme sie auf 10-15 Meter heran, ohne dass noch größere Dinge irgendwie spektakulär passiert wären. Es war einfach ein schwerer Fisch, der immer mal wieder eine Flucht gemacht hat, bis dahin nicht gesprungen war und den ich führen konnte. Aber es hat lange gedauert.

Ich denke mir: „Okay, jetzt hebelst Du den Fisch noch drei, vier, fünf Mal aus, dann hast du ihn in Keschernähe.“ Dann stampft so eine große Meerforelle oft an der Oberfläche. Ich habe das schon ein paarmal erlebt, dass sie stampft und sich ein wenig windet, wenn Du sie hart rannimmst. Sie geht nach links und rechts, fast wie ein großer Zander. Und dann unterfängst du den Fisch und das ist in Sack und Tüten.

Aber was die gemacht hat, werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Die sprang ohne Anlauf, ohne dass sie eine Flucht machte, ohne dass sie zur Oberfläche kam, quasi senkrecht aus dem Wasser heraus, als hätte sich dieser Fisch in dem 1,20 Meter tiefen Wasser vor mir mit der Schwanzflosse vom Grund abgestoßen. Und was sich bei mir im Gedächtnis eingebrannt hat: Dieser Fisch steht erst vor mir in der Luft und war gigantisch. Der war, ohne Übertreibung, hart am Meter und hatte mutmaßlich 12-13 Kilo. Die Ausmaße eines Spiegelkarpfens. Und in diesem Moment taumelt der rot-schwarze Snaps Draget, hässlichster Spinnköder der Welt, aber der, der am weitesten fliegt, aus dem Maulwinkel und ich sehe, wie der Blinker an einer anderen Stelle ins Wasser fällt, als der Fisch.

Du hättest mich in der Sekunde anstechen können, du hättest keinen Tropfen Blut gesehen. Ich war kreidebleich. Ich stand apathisch im Wasser. Ich war nicht mehr ansprechbar und hab dann tatsächlich, und das mache ich normalerweise nie, weil ich an meinem Material hänge, die Angel ins Wasser geworfen und bin zurück ans Ufer. Die Angel trieb auf der Sandbank und ich habe sie mir später wiedergeholt, es war wenig Strömung. Aber das war schon ein Erlebnis, das mich ganz schön mitgenommen hat. Und es war, wie gesagt, Ende März. Die Saison war vor uns, und ich habe die nächsten zehn Angeltage an der Küste keinen Fisch gelandet. Ich habe sie alle verloren. Das heißt, ich war wirklich auch so verunsichert und so getroffen durch dieses Erlebnis, dass ich schon sagen würde: Es war ein Misserfolg, das war eine echte Enttäuschung.

Damals war ich halt auch noch ein bisschen Fisch-fixierter, da muss ich ehrlich sein. Ich habe diesen Fisch damals auch als große Chance gesehen, meine Meerforellen-Guidings zu promoten. Es ist ja klar, wenn Du mal so schnell den deutschen Rekord ablieferst, das wäre schon ganz gut gewesen. Heute wäre ich viel gelassener. Ich würde mich immer noch wahnsinnig ärgern über so einen großen, verlorenen Fisch. Aber wie heißt es so schön: Mund abwischen und weitermachen. Man kann ja nicht wirklich was dafür. Also das war schon eine Sache. Ich glaube, man merkt es auch an der Art und Weise, wie ich es erzähle. Ich bin ja wieder im Bild, ich bin ja wieder in der Szene drin. Das hat echt gesessen damals.

6. Was gibt Dir das Angeln heute? Was ist dein Mojo, dein Glücksgefühl beim Angeln und am Wasser?

Das größte Glück für mich ist heute, auch Zeit mit meinem Kleinen am Wasser zu verbringen und so das eine oder andere, was mir damals als Kind widerfahren ist, in seinen Augen und in seinem Handeln wieder zu sehen. Das ist großartig und ich glaube auch und gerade wenn ich meinen Sohn sehe, dass Angeln so etwas Großes, so etwas Großartiges ist, so ein gutes Gefühl geben kann und besonders für Kinder so außerordentlich wichtig ist, das mir ganz, ganz viel Freude macht.

Und es macht mir auch große Freude zu wissen, dass unser Sohn ein Kind sein wird, das weiß, dass man vor dem Genuss von Fleisch oder Fisch immer die Entscheidung über Leben und Tod stellen muss und er insofern ein Kind sein wird, dass sich nie so weit von dem Lebewesen, dass er essen möchte, entfernt hat, dass er glaubt, das liegt halt irgendwie in Discountertheken in bunte Tüten gewickelt. Es ist wirklich furchtbar, dass es bei uns in Deutschland auch Strömungen gibt, die die Kinder davon entfremden wollen und die ihnen das Bewusstsein nehmen wollen, dass eben vor den Genuss diese Frage nach Leben und Tod gestellt werden muss. Dann gibt es da auch ein paar Spezialisten, die tatsächlich Kinder, die sich fürs Angeln interessieren, die Liebe und Freude daran entwickeln, noch als Tierquäler oder Tiermörder bezeichnen. Das sind natürlich Menschen, mit denen man sehr, sehr schlecht einen Dialog und etwas Gemeinsames finden kann.

Also Angeln ist sicher gut für unsere Kinder und auch die Antwort auf die Frage – ich hatte mir vorgenommen, sie kürzer zu beantworten – nach dem größten Glücksgefühl, das ich beim Angeln empfinde, ist, dass mein Kleiner das heute auch mit so viel Liebe, Geduld und Leidenschaft macht.

7. Bist du eher ein Instinktangler, der nach Gefühl angelt, oder bist du ein Wissenschaftler, der gewissenhaft plant und sich eine Taktik zurecht legt?

Da bin ich eindeutig der emotionale Typ, bauchgesteuert, und mache glücklicherweise oft Dinge richtig beim Angeln. Und manchmal natürlich auch falsch. Aber ich habe dafür ein ganz gutes Gefühl. Was man in den Kindheitstagen erlebt, das ist ja das, was oft auch am nachhaltigsten ist, was tief sitzt. Ich habe früher einfach das Gefühl entwickelt, schon als Jungangler zu wissen, wann die Chance kommt, dass der Fisch beißt. Wir haben damals noch mit lebendem Köderfisch angeln dürfen. Ich bin jetzt 48 Jahre alt, aber früher in meiner Kindheit war das noch erlaubt und üblich und ich hab es so gelernt. Wenn der Köderfisch dann unterwegs war, habe ich immer relativ schnell gewusst: Gleich muss es passieren. Gleich geht die Pose unter. Da habe ich tatsächlich diesen siebten Sinn gehabt und habe den Köder dann oft auch an der richtigen Stelle platziert und schon geahnt, dass da ein Fisch unterwegs ist.

Dazu diese Spannung, kurz bevor der Biss kommt. Es verändert sich eigentlich schier gar nichts, aber in deinem Körper ist das Adrenalin plötzlich da. Es kommt aus heiterem Himmel und oft nach Stunde sechs, sieben oder acht. Das ist schon dieser siebte Sinn, das ist Instinkt. Ich denke, da ist man dann eben noch ein bisschen fleißiger beim Werfen, noch ein bisschen konzentrierter bei der Köderführung. Das ist dann der Moment, in dem du dann oft auch zum Erfolg kommst.

Insofern bin ich eindeutig Instinktangler. Ich führe artig meine Fanglisten, wo ich sie für den Verein führen muss. Aber ansonsten führe ich kaum Buch über meine Erlebnisse und hab zum Glück die Fähigkeit, es in meinem Kopf abzulegen und relativ schnell Situationen in Zusammenhang zu früheren Erfolgen zu bringen und dann das Richtige zu machen.

8. Was ist Dir neben dem Angeln wichtig im Leben?

Das Angeln bewirkt so viel und allein draußen unterwegs zu sein, mit meinem kleinen Sohn am Ufer eines Flusses oder am Strand der Ostsee entlang zu laufen und dort Steine zu sammeln, mal einen Kescher durchs Wasser zu ziehen und mit dem Kleinen die Welt zu erkunden, das ist schon eine ganz großartige Geschichte. Da schließt sich dann auch der Kreis zur Familie. Ich bin relativ spät Vater geworden, habe meine liebe Frau Kerstin auch erst relativ spät kennengelernt und weiß, dass mir das heute bei allem, was ich mache, eigentlich den wichtigsten Halt gibt. Mir ist das Wichtigste neben dem Angeln eindeutig meine Familie und die gute Zeit, die ich mit meiner Frau und mit meinem Kleinen zusammen habe. Das setzt ganz, ganz große Kräfte frei, aber irgendwie auch dieses Gefühl, geborgen zu sein, was ich für sehr wichtig halte.

Und dann gehe ich auch gerne mal einfach nur laufen. Früher, als ich noch ein paar Kilo weniger auf den Rippen hatte, auch echt intensiv Dauerlauf oder Halbmarathon. Ich bin ein Genussläufer. Ich kenne auch Leute, die setzen sich da unter Druck, irgendwelche Zeiten zu erreichen. Ich habe mir die Laufschuhe angezogen und bin gelaufen. Heute mache ich es eher mit ambitionierteren Power Walking, für das Joggen müssen noch ein paar Kilo runter, aber da will ich mal wieder hin. Da habe ich richtig Bock drauf, weil das Laufen mir aus so einer Phase herausgeholfen hat, in der ich 125 Kilo hatte, in der ich auch nicht ins Bierchen reingespuckt hab, in der ich 60 Kippen am Tag geraucht habe.

Damals, also in einer eher destruktiven Phase, hat mir das Laufen sehr geholfen und heute in einer sehr guten Lebensphase, auch gestärkt durch meine Familie, durch die wahnsinnige Lust und Leidenschaft, die ich an meinem Job finde, glaube ich, wäre das der Hammer. Da würde es wahrscheinlich die Sache noch runder machen, als sie schon ist. Darauf arbeite ich hin, um vielleicht in diesem Jahr zum Herbst hin auch mal wieder meine drei, vier Kilometer am Tag joggen zu können.

9. Welchen Rat würdest du einem Angelanfänger geben?

Der Anfänger sollte sich auf jeden Fall erstmal seinem Fachhändler widmen, sollte dann aber auch aufpassen, dass er in diesem riesigen Angebot, das es in diesem Laden mutmaßlich geben wird – ich bin in dem kleinen Dorf aufgewachsen, da war der Laden sehr sparsam bestückt, für mich war das nicht so das Problem – nicht verloren geht. Wenn ich heute sehe, was da in den Geschäften hängt, kann ich nur jedem Anfänger raten, nicht die Orientierung zu verlieren, und hoffen, dass er an einen Händler gerät, von denen es ja viele in Deutschland gibt, die es ernsthaft und gut mit ihm meinen und der es schafft, mit ihm zusammen den Fokus auf die wirklich wichtigen Dinge im Sortiment zu legen.

Wenn dann ein Grundstock einer Angelausrüstung geschaffen ist, vielleicht am besten zum Einstieg eine Stipprute mit Pose und Maden, wird sich auch der anglerische Erfolg bald einstellen. Das geht beim Stippen einfacher als beim Wallerfischen oder als beim Zander angeln. Da kann es schon mal ein bisschen länger dauern. Deshalb: Der Anfänger sollte im Idealfall einfach mit einer Stipprute einsteigen, weil das Führen und das Verzögern der Drift einer Pose, so banal sich das anhört, hervorragende Grundeigenschaften schafft, um auch einen Gummifisch oder ein Pilker oder ein Wobbler führen zu können. Da lernt ihr, Fische anzusprechen. Zwar mit einer Made oder einem Würmchen am Haken, aber ihr lernt wirklich die Voraussetzungen zu schaffen, um einen Fisch zum Biss zu überreden oder davon zu überzeugen, dass das Leckerchen das Richtige ist.

Deshalb am besten so anfangen und auf gar keinen Fall, das ist das Wichtigste, zu verzagen oder dieses sagenhafte Hobby in Frage zu stellen, nur wenn drei, vier, fünf Tage hintereinander nicht der erste Fisch gebissen hat. Das ist nicht schlimm, das tut nicht weh. Da ist so viel draußen zu beobachten. Da ist so viel, was einem guttut. Allein die frische Luft, die schöne Landschaft, die uns erdet, die uns runterbringt, ist mindestens so gut, wie einen Fisch zu fangen. Wenn beides zusammenkommt, dann habt es geschafft. Dann kommt ihr von dem Hobby nie mehr los.

10. Welchen Rat gibst du jedem Angler?

Wenn ihr rausgeht und die Zeit, diese Qualitätszeit am Wasser genießt, macht ihr alles richtig. Klar, Angeln ist Emotion und wenn man viel fängt, ist man auf einem High. Wenn man einen großen Fisch verliert, ist da eine große Enttäuschung in dem Moment. Es bewegt sich was in euch.

Aber ein Tag, an dem man jetzt vielleicht kein Angelglück hat, keinen Biss bekommen oder keinen Fisch gefangen hat, als einen schlechten Tag zu bezeichnen, das ist etwas, was ich bei manchen Anglern, die ich in meinem Leben so kennengelernt habe, nie begriffen habe. Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr das von euch fern halten könnt.

Genießt die Zeit, seht sie als Geschenk. Ihr habt frei! Ihr seid draußen am Wasser. Ihr seid in der Natur. Ihr tut das maximal Beste, was ihr euch und eurer Seele zufügen könnt. Ihr seid draußen. Ihr genießt die frische Luft. Ihr habt vielleicht noch das Glück, in Form eines selbstgefangenen Fisches ein tolles Lebens- und Nahrungsmittel mit nach Hause zu nehmen. Ihr habt das Richtige gemacht, indem ihr Angler geworden seid.

Habt eine gute Zeit und alles ist gut.

(Diese 10 Fragen wurden Jörg im Februar 2019 gestellt.)