Hamburg ist eine tolle Stadt. Viel Grün, viel Wasser und eine hohe Lebensqualität. Für Angler ist sie sogar ein regelrechtes El Dorado – sagt man. Allerdings hat dieser Ruf in den letzten Jahren in meinen Augen deutlich gelitten, so dass mich das Angeln in Hamburg oft einfach nur noch nervt.

Erstens: Freie Gewässer

Der Hamburger Hafen ist eines der wenigen Gewässer in Deutschland, in denen „frei“ gefischt werden kann. Man benötigt nur einen Fischereischein und muss (neuerdings) im Angelgeschäft eine Fischereimarke kaufen. Dagegen ist grundsätzlich erst einmal nichts einzuwenden und das war auch schon immer so. Es bietet ja auch einige Vorteile: Kein langwieriges Aufnahmeverfahren mehr in Angelvereine, kein mühsames Gastkarten-Kaufen, keine Gemeinschaftsdienste. Aber leider eben auch keine Verantwortung für das Gewässer. Dadurch, dass man sich nicht mehr über einen Verein aktiv für das Hobby „Angeln“ mit allen seinen Konsequenzen entscheiden muss, ist es beliebig geworden und diese Beliebigkeit hat in den vergangenen Jahren, in denen gerade das Zanderangeln und das Streefishing in Hamburg „hip“ geworden ist, überhand genommen.

Für jeden passionierten Angler, der bei seinem Hobby weit mehr als den Fisch sucht, nämlich Entspannung, Ruhe und Kontemplation, sind die inzwischen hordenweise auftretenden Gesellschaftsangler, die schon morgens ihr Bierchen zwitschern und grölend nach Meterfischen jagen, nur schwer zu ertragen. Mit dem Auto wird dann auch noch direkt zum Angelplatz gefahren und Rücksicht auf andere Angler oder, noch schlimmer, den gefangenen Fisch bleibt auf der Strecke. Man stellt sich direkt neben den Angler, der gerade seine Fächer wirft und wird pampig, wenn man darauf hingewiesen wird, dass das jetzt etwas kuschelig sein könnte. Der gefangene Fisch wird so lange rumgewedelt, bis das Cap endlich sitzt und man die Bierflasche endlich gefunden hat. Juhu, ein Mega-Zetti mal wieder… Das ist kein Angeln, das ist arm.

Dazu kommt, dass die Hansestadt Hamburg, auch wenn eine Gebühr erhoben wird, keinerlei Besatzmaßnahmen unternimmt. Mein Gefühl ist, dass in den vergangenen Jahren gerade der Zanderbestand kontinuierlich abgenommen hat. Das hat gewiss etwas mit dem höheren Angeldruck zu tun, auch illegale und legale Stellnetzfischerei trägt dazu bei. Fast jedes Jahr kommt es im Sommer zu sog. Sauerstofflöchern, die oft zu einem umfassenden Fischsterben führen und ganze Jahrgänge der ohnehin auf Sauerstoffunterversorgung sensibel reagierenden Zander ausrottet. Die Baumaßnahmen im Hafen mit fortschreitendem Rückbau natürlicher Laichräume und die zunehmende Verschlickung tun ihr übriges. Ein Angelverein würde hier mit Besatzmaßnahmen und einem vernünftigen Bestandsmanagement dagegenhalten. Das neue Fischereigesetz sieht zwar Entnahmefenster vor, nachweislich eine wirksame Maßnahme des Bestandsmanagements, es finden aber eben keine unmittelbaren Besatzmaßnahmen statt. Und so werden die Bestände geringer und geringer.

Zweitens: Die linke und die rechte Hand

Gerade im Hamburger Hafen sieht man sehr deutlich, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut – oder es weiß, darauf aber keine Rücksicht nimmt. Auf der einen Seite müht sich das in der Wirtschaftsbehörde angesiedelte Referat für Fischerei und Jagd redlich, einen guten Ausgleich zwischen Tierschutz und Angeltourismus hinzubekommen. Neben einem neuen und von vielen für Deutschland als wegweisend angesehenen Fischereigesetz wurde auch eine aufwendige, auf den Angeltourismus ausgelegte Broschüre produziert. Andererseits tut die Behörde für Stadtentwicklung ihr Bestes, sämtliche wassernahen Grundstücke einzuzäunen und zu bebauen.

Die Folge ist klar: Auf der einen Seite nimmt der Angeltourismus zu, gerade auch wegen der freien Gewässer, auf der anderen Seite kommen die Angler immer schwerer überhaupt legal ans Wasser. Oft werden Absperrungen überstiegen oder Bauzäune umgeworfen. An den noch frei zugänglichen Stellen finden sich dann Angler in Stückzahlen wie beim Preisangeln ein, was natürlich eine unmittelbare Auswirkung auf die Fänge und den Spaß am Wasser hat. Denn eins ist ja klar: Wo zwanzig Leute ihre Bleiköpfe ins Wasser böllern, werden Fische vergrämt. Und wo von zwanzig Leuten die Hälfte schon mittags hackevoll ist (s. oben) und ihren Müll am Platz lässt, werden andere Angler vergrämt.

Drittens: Bootsangelei, die Erste

Gerade durch die unkoordinierte Verknappung der Angelplätze am Ufer gewinnt die Angelei vom Boot an Reiz. Bootsguidings in Hamburg sind in den letzten Jahren ein lukrativer Markt geworden. 150 EUR oder mehr pro Person und Tag, da kommt schon gut etwas zusammen. Und nein, es spricht auch nichts dagegen, denn oft sind von Guides geführte Bootstouren eine tolle und spannende Sache. Kommen dann aber noch die privaten Boote dazu, wird es langsam eng. Gerade die Zanderangelei beschränkt sich im Hamburger Hafen und der Elbe auf gar nicht mal so viele Hotspots und wenn sie vom Ufer erreichbar sind, stehen da meist auch schon Uferangler. Hier treten dann die Bootsangler untereinander und Boots- und Uferangler miteinander in Konkurrenz. Das Hauptproblem dabei ist aber, dass die Bootsangler effizienter sind, als die Uferangler, weil sie aufgrund ihrer Beweglichkeit und der Unterstützung des Echolotes Fische viel besser finden und ansprechen können. Damit der Angeltag dann nicht schon nach zwei Stunden vorbei ist, wird hier (stillschweigend) das eigentlich problematische Catch & Release praktiziert. Auch dies führt dazu, dass Fische vergrämt werden und die Angler sich gegenseitig die Butter vom Brot oder den Fisch aus der Pfanne nehmen.

Viertens: Bootsangelei, die Zweite

Wer in Hamburg vom Boot aus angeln möchte, benötigt dafür eine Genehmigung der Hafenbehörde HPA. Gebühr 30 EUR und gültig für ein Jahr und eine Person. Jeder Angler an Bord muss also so eine Erlaubnis vorweisen können. Warum dies so ist, sei dahingestellt. Spannend ist aber, was man für seine 30 EUR eigentlich bekommt: Nämlich keine Angelerlaubnis, sondern ein umfassendes Angelverbot für Elbe und Hafen. Nach der einleitenden „Erlaubnis“ kommen nämlich die Ausnahmen. Nicht Angeln darf man „in oder vor den von der durchgehenden Schifffahrt betroffenen Hafenbecken und Schleuseneinfahrten, in den Fahrwasserbereichen der Norder- und Süderelbe und des Köhlbrands, sowie unter Brücken und vor Landeanlagen.“ Dazu muss man wissen, dass nach Hamburger Rechtslage das Fahrwasser von Ufer zu Ufer reicht.

Da im Hafen so ziemlich alle Bereiche von der „durchgehenden Schifffahrt“ betroffen sind, hat man also erfolgreich 30 EUR dafür bezahlt, nirgends, wirklich nirgends!, vom Boot Angeln zu dürfen.

Ich habe lange mit dem Oberhafenamt über dieses Thema diskutiert, bis hin zur Behördenleitung. Die konkrete Frage, wo ich denn mit meinem Boot nun legal fischen darf, konnte man mir nicht beantworten. Ich glaube, man hat mir den Diamantgraben genannt, ein flaches und total verschlicktes Nebenbecken an der Süderelbe. Kurios wurde es dann aber, als man mir sagte, das solle man alles nicht so eng sehen. Die Wasserschutzpolizei (die mich gerade ein paar Tage vorher kontrolliert und genau wegen des o. g. Verbotes ermahnt hat) wisse Bescheid und drücke auch die nötigen Augen zu. Schließlich sei das Oberhafenamt Schifffahrtspolizei und letztlich für die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden zuständig.

Ich mag mich irren, aber für mich klingt das danach, dass der Bootsangler 30 EUR bezahlt, nur um sich in einem Graubereich zu bewegen und im Zweifel auch noch eine Ordnungswidrigkeit zu begehen. Auch auf diese Feststellung wusste man nicht wirklich viel zu antworten.

Ich bin übrigens so weit gegangen, dem Oberhafenamt eine konkrete Formulierung für die Erlaubnisscheine vorzuschlagen, die diese Widersprüche auflösen würde. Dazu hieß es dann: Vielen Dank, aber unsere juristische Abteilung möchte das jetzt nicht ändern und überhaupt sind wir ab der kommenden Saison nicht mehr zuständig.

Ein ratloser Angler mehr in Hamburg.

Was tun?

Diese vier Aspekte nerven mich kolossal beim Angeln in Hamburg. Es ist wie so oft, es kommt eins zum anderen. Dabei könnte man es lösen: Warum erteilt man nicht eine echte Erlaubnis für die Bootsangelei, die auf besondere Gefährdungssituationen durch die Berufsschifffahrt im Hafen eingeht, anstatt alles zu verbieten? Warum schafft man nicht weitgehende Uferbegehungsrechte für Angler, ähnlich der „Fischnacheile“, damit sich das Fischereigeschehen am Ufer entzerrt? Warum verpachtet man den Hafen nicht, wie übrigens bei weiten Strecken der Elbe in und um Hamburg geschehen, an den Angelsportverband Hamburg und sei es nur für einen Euro, übergibt die Verantwortung damit aber in qualifizierte Hände und begrenzt vielleicht auch ein wenig diesen unsäglichen Angel-Sauf-Tourismus?

Ich weiß es nicht. Aber ich würde mich freuen, wenn sich etwas in diese Richtung tun würde.